Früher dachte man bei Neugeborenen, die sehr viel und untröstbar schreien, meist zuerst an Kolik, Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung.
Dieser Glaube hat einen langen, ungepflegten Bart. Ist uralt! Trotzdem werden besorgte Eltern immer noch zu oft mit Entschäumermedikamenten und entblähenden Tropfen abgefertigt, wenn sie wissen möchten, was ihrem schreiendem Baby hilft. Wie schade!
Die Ursachensuche muss bei intensiven Babys viel tiefer gehen, den Eltern endlich richtig zugehört werden. Heute ist klar: „Dreimonatskoliken“ gibt es nicht (sorry, liebe Medikamentenfirmen, ich weiß, ihr verdient eine goldene Nase mit weinenden Babys).
Spoiler: der letzte Punkt in diesem Blogartikel ist der wichtigste (so ist das ja meistens, oder 😉). Wenn Du es eilig hast, scrolle runter zu „BauchHEIMweh“. Wäre aber schade, denn auch der restliche Artikel ist richtig gut!
Bauchweh bei Schreibabys und Highneedbabys
Zuallerst ein Tipp, was Du nicht tun solltest: einfach wild die PRE- Marke wechseln oder als Stillmama Diät halten, weil Dir jemand erzählt hat, dass Dein Baby Deine Milch nicht verträgt. Und schon gar nicht abstillen, obwohl Du doch so gerne stillen möchtest!
Ebenso bitte nicht einfach Probiotika kaufen, die damit beworben werden, dass Dein Baby auf die Art weniger schreit. Hier wird mit Deiner Angst gespielt. Auch rezeptfreie Probiotika sollten nur Rücksprache mit einer Fachperson eingesetzt werden.
Echte Unverträglichkeiten und Allergien sind bei Babys selten und auch stets mit mehreren Symptomen gekoppelt (Gedeihstörungen, untypischer Stuhlgang, ….). Ansprechpartnerin ist in dem Fall Deine Kinderarztpraxis, eine Allergologin (erfahren mit Babys) und/ oder eine Stillberatung/ Formulaberatung.
Unreifes Verdauungssystem
Alle Babys haben anfangs ein unreifes Verdauungssystem.
Dein Baby hat noch nie zuvor Milch getrunken und verdaut, auch muss sich seine Darmflora erst noch aufbauen.
Dies ist bei allen Babys auf der ganzen Welt so- und doch schreien nicht alle so viel. Wenn Dein Baby sich mit solch normalen Reifungsvorgängen quält, kann etwas anderes dahinterstecken (etwa eine Überempfindlichkeit, was ein typisches Zeichen für einen sensiblen Charakter ist). Hier hilft eine gute Babyschreiberatung 💜
Keine Kolik, sondern….
Wenn Dein Baby sich extrem mit Luft im Bauch quält, dann stellt sich mir die Frage, wie diese Luft da hinein gekommen ist. Es macht Sinn, dies bei Spezialistinnen oder Spezialisten abzuklären. Ansprechpartnerinnen sind Fachleute für
- Zungenband und generell orale Restriktionen (meist sind das speziell fortgebildete Stillberaterinnen. Sogar, wenn Du nicht stillst!)
- Reflux (denn auch Reflux führt zu Bauchweh. Reflux ist ein Symptom für irgendetwas, es ist keine eigene Krankheit (auch, wenn Dir das in der Kinderarztpraxis erzählt wird)
Kommen Blähungen beim Baby vom Zungenband?
Wenn Dein Baby Probleme mit seinem Zungenband hat (und das kann man nicht nur vom Hinschauen erkennen), dann kann es die Brust oder den Flaschensauger nicht ganz mit den Lippen umschließen. Du erkennst das zum Beispiel an
- Schnalz-, Klick- oder Schmatzgeräuschen beim Trinken
- Unruhe, hektischem An- und Abdocken
Hierbei schluckt Dein Baby jede Menge Luft!
Dies kann auch andere Gründe haben, die ebenfalls aus dem Mundbereich kommen: ein zu hoher Gaumen vielleicht, Probleme mit Lippen- oder Wangenbändern und jede Menge andere Ursachen, von denen Du (und eventuell auch Deine Hebamme und Deine Kinderarztpraxis) wahrscheinlich noch nie gehört hast. Es lohnt sich, genau zu forschen 💜
Bauchweh bei Babys: was hilft wirklich?
Wenn Dein Baby vor Bauchschmerzen schreit, jedoch körperlich gesund ist, kommen hier Lösungen für Dich:
Was tun, wenn Dein Baby Bauchweh hat?
Wenn sich Dein Baby quält, die Beinchen anzieht, drückt und stöhnt, dann hat es wahrscheinlich noch nicht recht verstanden, wie das mit dem großen Geschäft funktioniert.
Ist auch nicht leicht: Man muss den Bauch anspannen, den Schließmuskel jedoch locker lassen. Viele Babys schaffen das anfangs nicht, drücken auch den Popo zusammen und klar, das ist unangenehm oder tut sogar weh.
Bewegung und Wärme
Beides regt die Verdauung an und beruhigt Dein Baby.
Diese Kombination gibt es auf Deinem Arm, beim Schlafen auf Deinem Bauch oder in einem gut gebundenen Tragetuch oder einer passenden Tragehilfe.
Du kannst Dein Baby nicht zu viel tragen: sofern es in einer gesunden Haltung eingebunden ist (Bauch an Bauch in Anhock- Spreizhaltung) und auf dem Arm nicht nur einseitig getragen wird, gibt es keine Nachteile, denn Babys kann man nicht verwöhnen 💜
Was hilft gegen Blähungen beim Baby?
Hast Du den Verdacht, dass Dein Baby viel Luft im Bauch hat und sich quält?
Hier kann es helfen, die Luft gar nicht erst in den Darm gelangen zu lassen.
Sei schneller als der Pubs!
Also: entweder keine Luft in den kleinen Magen lassen oder eben die Luftblasen gleich wieder zurück schicken, bevor sie zu Blähungen beim Baby werden können:
- lass Dein Baby nach jedem Trinken und auch dazwischen aufstoßen. Manche Babys können leichter rülpsen/ Bäuerchen machen, wenn man ihnen sacht den Rücken klopft, anderen reicht aufrecht halten und wieder andere können sich erleichtern, wenn man umher läuft. Wenn nach ein paar Minuten kein Bäuerchen kommt oder Dein Baby schreit: dann eben nicht- bitte kein Stress 💜
- wenn Dein Baby oft einen aufgeblähten Bauch hat, dann hilft es sehr, wenn es möglichst wenig schreit und weint. Haha, wirst Du jetzt denken, wie soll das gehen? Nun, das Schreien an sich kannst Du nicht immer verhindern (oft aber schon, wenn Du den Grund für das exzessive Schreien kennst. Brauchst Du dabei Hilfe?). Du kannst aber darauf achten, es schnell und sicher zu beruhigen. Begleiten ist bei Luft im Bauch nach meiner Erfahrung nicht angebracht und führt zu noch mehr geschluckter Luft!
- Falls Dein Baby sich oft verschluckt, beim Trinken schnalzende oder klackende Geräusche macht, oft spuckt, dann lass` bitte Reflux und das Zungenband abklären.
- Achte beim Flasche geben darauf, dass keine Luft geschluckt wird (also keine Luft in den Nuckel gelangt). Dieser Tipp wird neuerdings oft als unnötig angesehen. Du darfst da ganz auf Dein Gefühl hören, ob er Deinem Baby hilft oder nicht.
- Du kannst beim Schlafen das Kopfteil erhöhen, damit Luft leichter aufgestoßen werden kann: zum Beispiel mit einem Kopfkeil oder bei einer Babymatratze mit einem Aktenordner darunter. Beachte bitte, dass das nur eine Notfalllösung ist und nicht den Grund für das Luftschlucken behebt.
- Lagerung: ein angespannter Bauch wird weicher, wenn man die Knie etwas anwinkelt (machst Du das auch, wenn Du Bauchschmerzen hast?). Hier kannst Du Dein Baby unterstützen, indem Du ihm ein weiches, gerolltes Handtuch unter die Kniekehlen legst und in der Trage oder auf dem Arm immer darauf achtest, dass die Beinchen nicht herunter baumeln.
- Jetzt sollte ich ein warmes Bad empfehlen, oder? Mache ich auch. Jedoch ist es so, dass viele „Schreibabys“ und Highneedbabys beim Baden noch mehr schreien und weinen. Wenn das bei Deinem Baby so ist, dann bade es bitte nicht, wenn es gerade schreit! Zeige ihm erst, dass Baden etwas Schönes sein kann.
- das Gleiche gilt für die Babymassage. Wenn Dein intensives Baby nicht gerne angefasst und gestreichelt wird, dann stresse Dich nicht und massiere es nicht 💜
- Oft übersehen, dabei so wichtig: Hosen und Windeln dürfen nicht zu eng sein. Das kann besonders bei Jeans und Stoffwindeln eine Rolle spielen.
- Auch das Schaukeln in einer Federwiege kann helfen. Hier muss jedoch einiges beachten werden.
- dann: Geduld natürlich! Klingt leicht, ist schwer, ich weiß. Unten bei „BauchHEIMweh“ steht, wieso Geduld wichtig ist.
Brauchst Du auch Hilfe mit Deinem Baby?
Weint Dein Baby viel? Hast Du das bohrende Gefühl, dass alles etwas leichter sein sollte?
Gerade, wenn Dein Baby auch im Auto und im Kinderwagen schreit und Du nicht ohne viel Aufwand das Haus verlassen kannst, ist das sehr belastend. Aber hey- ich habe die Recherche für Dich übernommen (denn ich bin nicht mehr so müde wie Du gerade bist 💜):
Hier habe ich Dir Anlaufstellen herausgesucht, die Dir helfen können- und das meiste davon ist kostenlos! Du musst da nicht alleine durch: Hier geht es zum Hilfewegweiser.
Abhalten und windelfrei
Kulturell leider oft ein großes Igittbäh, dabei so sehr hilfreich für kleine Babys, die sich mit der Verdauung schwer tun.
Hast Du schon einmal erlebt, dass Dein Baby beim Wickeln, kaum war die alte Windel auf, sich erleichtert hat?
Oder drückt Dein Baby gerne in die frische Windel, sobald Du ihm die Hose wieder hochgezogen hast? Kann es vielleicht sein, dass Dein Stillbaby manchmal wild an- und abdockt, aufgeregt schreit und Du befürchtest, es läge an Deiner Milch?
Wenn sich die Windel ungewohnt anfühlt
Viele Babys, vor allem sensible Babys, machen nicht gerne in Windeln, vor allem nicht, wenn diese bereits nass und klebrig sind. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es Einmalwindeln oder Stoffwindeln sind. Du kannst Deinem Baby (und der ganzen Familie) das Leben sehr erleichtern, wenn Du Dein Baby oft mit nacktem Unterkörper strampeln lässt (vielleicht mit warmen Babystulpen?).
Noch besser und schneller klappt es, wenn Du Dein Baby abhälst. Dafür hälst Du Dein Baby an den Oberschenkeln (wenn Du hinkommst, einen Finger an seine Fußsohlen, damit es Begrenzung hat), sein Rücken an Deinem Bauch, über eine Schüssel, eine Wickelunterlage, das Waschbecken oder die Toilette, ganz egal wo. Entspann Dich- und warte.
Rede Deinem Baby gut zu, mach ein paar Drückbewegungen mit Deinem Bauch und vielleicht noch ein paar „pssssss“ Laute. Nicht erschrecken, wenn es jetzt knallt: die meisten Babys entleeren sich sehr schnell, sobald sie verstanden haben, um was es geht. Vor allem nach dem Heimkommen und nach dem Aufwachen kann das Deinem Baby unendlich helfen, Luft und Stuhlgang loslassen zu können 💜
Ein anschauliches Bild über das Abhalten findest Du hier.
Der Fliegergriff für Babys?
Immer wieder empfohlen, immer wieder als „Geheimtipp“ gefeiert: der Fliegergriff. Von dem halte ich nicht so viel 😉 Schau` hier, wieso.
BauchHEIMweh
Und jetzt zur Sache. Denn weißt Du…. Dein kleines Baby hat wahrscheinlich kein Bauchweh.
Ja, ich weiß, dass ist schwer zu glauben. Erzählen uns doch die meisten Fachmenschen, dass Babys Koliken haben, dass die Muttermilch Schuld hat, dass Du spezielle Flaschensauger benutzen sollst und bliblablub. Was müde, verzweifelte Eltern eben glauben, wenn sie sich um ihr Baby sorgen. Und, ich weiß- es zerreißt Dir das Herz, wenn Dein Baby schreit!
Ja, es spannt den Bauch an, ja, es macht Fäustchen, ja, es scheint zu drücken. Und ja, oft kommt ein Monsterpubs nach der Schreiattacke.
Aber.
Jetzt kommt das Aber.
Wie oben steht, haben alle Babys anfangs ein unreifes Verdauungssystem. Aber nicht alle Babys schreien so wie unsere Babys! Wenn körperliche Ursachen ausgeschlossen wurden, dann hat vor allem abendliches Schreien oft nichts mit Blähungen zu tun. Der Pubs mit Armbanduhr, der Dein Baby immer um 19 Uhr zum weinen bringt? Nein und nochmal Nein.
Abendliches Schreien kann an Überreizung liegen: die Eindrücke des Tages werden losgelassen, das Baby ist womöglich übermüdet vom Tag.
Oder, und das gilt vor allem für Neugeborene in den ersten Lebenswochen:
Sehr, sehr wahrscheinlich leidet Dein Baby nicht unter Bauchweh, sondern unter Bauchheimweh. Das nennt man auch Anpassungsschwierigkeiten.
Es ist keine Krankheit, keine Angst. Es bedeutet, dass sich Dein Baby noch nicht an die Welt außerhalb der gemütlichen, sicheren Gebärmutter gewöhnt hat. Und das kann dazu führen, dass Babys in den ersten Lebensmonaten unglaublich viel schreien (es gibt auch noch andere Gründe, die Du in einer guten Babyschreiberatung herausfinden kannst). Bei diesen Schreiattacken schlucken sie Luft- und sobald sie mehr und mehr zur Ruhe kommen, kommt diese Luft hinten wieder heraus.
Atme durch. Schenke Deinem Baby Geduld (und Dir selbst auch!). Und schau` hier in meinem Artikel über Anpassungsschwierigkeiten, was Deinem Baby hilft und wie Du es besser verstehen kannst 💜